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Jelinek hat in zahlreichen Interviews erklart, dass sie viel Walser liest und ihn in fast allen ihren Werken zitiert, und das Salzburger Festival von 1998 war eine Hommage an ihn. Diese Arbeit will anhand des Stucks Er nicht als er (zu, mit Robert Walser), das fur das Salzburger Festival geschrieben wurde, Jelineks Gedanken uber Walser bzw. ihre durch das Walser-Prisma geleiteten Gedanken untersuchen.
Dass Walser ein leidenschaftlicher Spazierganger war, wissen bereits viele. Besonders die Merkmale von Walsers Literatur, die in der Terminologie von W. Benjamin als Sprachverwilderung, Sprachscham zusammengefasst werden konnen, werden gern mit dem Wandern und den Spaziergangen Walsers in Zusammenhang gebracht. Wie der ‘Spaziergang’ das Schlusselwort in Walsers Leben und Literatur ist, hat fur Jelinek das ‘Wandern’ eine ahnliche Bedeutung. Bei Jelinek erzeugt ‘Wandern’ heimatlose Fremde und durch den Geschwindigkeitsunterschied zwischen Korper und Seele zugleich eine Dissoziation, also eine Bewegung, die ‘Wahnsinn’ auslost. Ferner fuhrt diese Bewegung dazu, dass der Text selbst nicht ‘still bleibt’. Wandern bedeutet fur Jelinek, keine Identitat aufzubauen. Auf der Ebene des Lebens erzeugt das eine Fremdheit, die das Individuum von der Welt und von sich selbst ausschließt, und auf literarischer Ebene (der Ebene der Kunst) wird durch das Wandern die Besonderheit der von Jelinek intendierten Texte erzeugt. Gerade deswegen schenkt Jelinek Walser so viel Aufmerkamkeit. Wahrend Walser selbst das Leben eines Fremden lebt, weigert er sich, einen Zusammenhang zwischen sich und seinem Schreiben herzustellen (im Sinne von Barthes ‘Tod des Autors’) oder seine Werke interpretieren zu lassen. Deswegen wird in Er nicht als er ‘zu Walser, mit Walser’ ein Versteckspiel gespielt: In dem Stuck macht ‘man’ sich auf die Suche nach ihm, als er sich in eine Anstalt zuruckzieht, fordert ihn zum Sprechen auf, wenn er schweigt (namlich sich sprachlich versteckt), oder versucht Bedeutungen in Walsers Stucken zu finden. Aber in Er nicht als er ist das Versteckspiel ohnehin unmoglich, da ‘er’ durch den ‘Spaziergang’ immer ‘unterwegs’ ist. Wie man auch am Titel dieses Textes erkennt, ist ‘er’, den man gefunden hat, nicht ‘er’, den man versucht hat zu finden, weshalb sich das Versteckspiel unendlich hinzieht und kein Ende findet. Das bedeutet, dass Versuche, den schweigenden Walser in der Anstalt zu finden, ihn aufzufordern wieder zu sprechen oder Walsers Spuren in seinen Texten aufzuspuren und diese daruberhinaus endgultig interpretieren, vergeblich sind, wie der Titel schon impliziert.
Jelinek findet in Walser, der selbst als Fremder lebte und dies auch in seinen Texten verwirklichte, ihr literarisches Vorbild, vor allem deswegen, weil er es nicht auf Erfolg abgesehen hatte, sich mit einem Leben in Bescheidenheit begnugte und als Schriftsteller keine hervorgehobene Stellung beanspruchte.