Das Ziel der vorliegenden Arbeit liegt darin, das Phanomen "Visuelle Poeise" als Literaturexperimente in der zweiten Halfte des 20. Jahrhunderts aus dem intermedialen und semiotischen Blickpunkt zu betrachten und einzelne vsuelle Texte einiger Autoren zu analysieren.
Jede Kunstrichtungen wie Kubismus, Suprematismus und de Stijl hat auf ihre Weise entscheidende Innovationen im Bereich der Visuellen Poesie moglich gemacht. Zuerst die Auflosung bestehender Form- und Strukturbestimmungen, dann aber auch die Neuordnung konstruktiver, abstrakter, geometrischer und schließlich konkreter Bildideen lieferten die Grundlage fur den Aufbau der modernen Visuellen Poesie.
Visuelle Poesie als Intermedium fuhrt getrennte Disziplinen zu einem untrennbaren Hybrid zusammen und konnen als intersemiotische Texte angesehen werden, die zwei oder mehr Zeichensysteme in einer Art und Weise verwenden, dass der verbale Aspekt der Zeichen nicht vom visuellen Aspekt trennbar ist. Sie ist das Resultat der Implementierung der ikonischen Qualitat visueller Reprasentation in einen verbalen, literarischen Kontext.
Das Werk von Heinz Gappmayr verknupft Aspekte der Sprachforschung, der Bildtheorie und Philosophie. Durch Wahl und Anordnung der Worter, Linien oder Zeichen wird das Gedachte zugleich als bildliche und ideelle Realitat anschaulich. Sein besonderes Anliegen zielt gerade auf die Sichtbarmachung von nicht Sichtbarem. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung mit Sprache steht daher, vor einer literarischen Komponente, eine philosophische Dimension. Um philosophische Fragen zu klaren, benutzt er neben ontologische Begriffe auch die Begriffe Zeit und Raum, geometrische Formen und Zahlen. Indem Gappmayr dabei einen bestimmten Begriff in einem visuell ungewohnten Zusammenhang prasentiert. relativiert oder stellt er den jeweiligen Begriff in Frage.
Im visuellen Gedicht von Gerhard Ruhm jetzt wird die raumliche Konstellation desselben zeitlichen Terminus auf Große, Dicke und Position (oder Abstand) der Schrift hin als Reprasentation der zeitlichen Folge gedeutet. Beim Werk von Garnier texte pour une architecture wird das Verhaltnis von Signifikant und Signifikat, die Beziehung des sprachlichen Zeichens zum Objekt durch die graphische Reprasentation des Wortes "cinema"zum ikonische Verhaltnis. Was den visuellen Text von Liliana Landi angeht, wird die Assoziationen, die das Bild hervorruft, vom Titel, einer einzigen Schrift, geleitet und beschrankt. Das Gedicht von Landi wird derart als ikonische Reprasentation einer komplexen Realitat bemerkt. Das Tiefengedicht von Ji?i Kola? wirkt wie eine ungegenstandliche Malerei, indem es die Ubereinanderlegung der geometrischen Formen prasentiert. Dennoch rufen die durchgrbohrten, gerissenen Papiere gewisse Assoziationen wie Wundspuren auf der Oberflache menschlicher Bewusstseinsschichte hervor.